Sitzen nach Hüftprothese (Hüft-TEP) - Wie geht's?
Wie und wann gelingt das schmerzfreie Sitzen nach Hüftprothese (Hüft-TEP)?

Sitzen gehört zu den häufigsten Körperhaltungen im Alltag — am Esstisch, im Auto, am Arbeitsplatz oder beim Fernsehen. Nach einer Hüftoperation sind Patient:innen häufig unsicher: Wann ist Sitzen wieder sicher? Welche Sitzpositionen und Stühle sind geeignet? Muss ich etwas an meinem Arbeitsplatz ändern? Dieser Artikel beantwortet diese Fragen evidenzbasiert, erklärt typische Zeiträume, gibt konkrete Empfehlungen zu Stühlen und erklärt, warum moderne OP-Techniken (inkl. Kurzschaftprothesen) das Sitzen heute meist nicht dauerhaft einschränken.
Wie läuft die erste Zeit nach einer Hüft-TEP ab?
Unmittelbar nach der Operation beginnt in modernen Programmen die frühe Mobilisierung — oftmals noch am OP-Tag oder am ersten postoperativen Tag. Ziel ist: Schmerzmanagement, frühe Mobilität, Vermeidung von Komplikationen wie Thrombosen und Wiedererlangen der Selbstständigkeit. Patient:innen werden angeleitet aufzustehen, kurze Strecken zu gehen und Sitz- und Aufstehtechniken zu üben.
Wichtig:
- Schmerzfreies Sitzen ist sehr früh möglich — oft schon an Tag 1 oder 2, wenn die Stabilität es erlaubt.
- Allerdings gelten je nach operativem Zugang (AMIS/ALMIS, laterl, posterior) unterschiedliche Vorsichtsmaßnahmen (z. B. kein starkes Beugen oder kein Überkreuzen des Beins).
Wann kann ich nach Hüftprothese wieder normal sitzen?
Zeitangaben sind immer individuell — abhängig von OP-Zugang, Prothesenart, Alter, Begleiterkrankungen und beruflicher Belastung. Die folgenden Orientierungspunkte kommen aus klinischen Patienteninformationen und Veröffentlichungen großer Orthopädiezentren:
- Unmittelbar (Tag 0–3): Sitzen in aufrechter Position (z. B. auf einem erhöhten Stuhl) ist oft schon am OP-Tag oder am ersten Tag möglich. Kurze Sitzphasen, eng begleitet von Physiotherapie.
- Frühe Phase (1–6 Wochen): Alltägliches Sitzen wird zunehmend erträglicher; viele Patient:innen sitzen regelmäßig, sollten jedoch langes, starres Sitzen vermeiden und Aufsteh-/Gehpausen einplanen. Vorsicht bei Bewegungen, die die Hüfte stark beugen (>90°) oder intern/extern rotieren.
- Wiederaufnahme sitzender Arbeit (2–6 Wochen): Für überwiegend sitzende Tätigkeiten ist eine Rückkehr oft bereits nach 2–6 Wochen möglich, abhängig vom Schmerz, der Gehfähigkeit und ärztlicher Freigabe.
- Volle Sitz-Toleranz (6–12 Wochen und später): Bis 3 Monate verbessert sich Komfort und Sitzdauer stetig; nach 3–6 Monaten haben die meisten Patient:innen keine relevanten Einschränkungen beim Sitzen mehr. Individuelle Unterschiede bestehen.
Sitzen in den verschiedenen Berufsgruppen — wann kann wer zurück an den Arbeitsplatz?
Die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach Hüft-TEP hängt stark von der Art der Arbeit.
- Büro/Schreibtisch (überwiegend sitzend): Viele Patient:innen können nach 2–6 Wochen wieder arbeiten, manchmal schon nach 1–2 Wochen im Home-Office-Setting mit angepasster Arbeitszeit und ergonomischem Stuhl. Empfehlung: flexible Arbeitszeiten, regelmäßige Pausen, Bürostuhl-Anpassung.
- Leicht körperlich (z. B. Verkäufer:in, Lehrtätigkeit mit moderatem Stehen): Rückkehr eher nach 6–8 Wochen; Belastungen wie längeres Stehen, Treppensteigen oder häufiges Aufstehen sind zu beachten.
- Schwer körperlich (z. B. Handwerk, Pflege, Bau): Meist 8–12 Wochen oder länger, teilweise 3 Monate oder mehr, bis repetitive Hebe- oder Tragearbeiten wieder erlaubt werden. Individuelle Abstimmung mit Operateur und Reha ist nötig.
Welche Sitzpositionen nach Hüftprothese sind empfehlenswert
Empfehlungen können abhängig vom operativen Zugang variieren (Posterior-Zugang: traditionell strengere Vermeidungen von Flexion + Innenrotation; Anterior-Zugang: oft weniger Einschränkungen). Generelle Empfehlungen:
- Sitze so, dass die Hüfte nicht tiefer ist als das Knie – ideal ist eine leicht erhöhte Sitzfläche (Polster, Kissen).
- Verwende Stühle mit Armlehnen, um beim Aufstehen die Arme zur Unterstützung zu nehmen.
- Achte auf aufrechte Sitzhaltung, gleichmäßige Gewichtsverteilung, beide Füße flach auf dem Boden.
- Steh alle 30–60 Minuten kurz auf und gehe ein paar Schritte, um Steifigkeit und Thromboserisiko zu reduzieren.
- Keine starke Hüftbeugung über 90° (z. B. tiefes Sitzen auf niedrigen Sesseln) in den ersten Tagen.
- Kein Beinüberkreuzen (je nach OP-Technik) in den ersten Tagen.
- Keine ruckartigen Drehbewegungen beim Sitzen oder Aufstehen in den ersten Tagen.
Stuhl-Typen: Vor- und Nachteile — welcher Stuhl passt wann nach Hüft-TEP?
Hier ein praxisorientierter Überblick über gängige Stuhltypen und ihre Eignung nach Hüft-TEP.
Ergonomischer Bürostuhl (drehbar, höhenverstellbar, Lendenstütze)
Vorteile: Höhenverstellbar (Wichtig: Hüfte höher als Knie), Armlehnen erleichtern das Aufstehen, gute Rückenstütze für lange Sitzphasen.
Nachteile: Wenn falsch eingestellt, kann er zu tief sein — dann zusätzlich Sitzkissen verwenden. Für die erste Zeit ideal, wenn korrekt eingestellt.
Esszimmerstuhl (standard, ohne Polster oder mit niedriger Sitzhöhe)
Vorteile: Oft stabile Sitzfläche, einfache Handhabung.
Nachteile: Häufig zu niedrig; tiefes Sitzen kann Hüftbeugung >90° provozieren — in der frühen Phase ungeeignet, außer mit Sitzkeil.
Fernsehsessel / Sessel mit tiefem Sitz
Vorteile: Komfortabel zum Zurücklehnen.
Nachteile: Sehr häufig zu tief; das Aufstehen kann schmerzhaft und belastend sein. Empfehlenswert: Sessel mit Aufstehhilfe oder extra Sitzpolster.
Sessel mit Aufstehhilfe (elektrisch)
Vorteile: Unterstützt das kontrollierte Aufstehen; besonders bei eingeschränkter Kraft hilfreich.
Nachteile: Teurer, evtl. nicht sofort verfügbar — aber sehr hilfreich in der frühen postoperativen Phase.
Hocker / Barhocker / Sattelhocker
Vorteile: Hohe Sitzhöhe verhindert übermäßige Hüftbeugung.
Nachteile: Kein Rückenlehne → nicht für längeres Sitzen geeignet; schwierig für ältere Patient:innen beim Aufstehen.
Bürostuhl mit Kippfunktion & guter Lendenstütze
Vorteile: Dynamisches Sitzen fördert Durchblutung; gute Einstellung reduziert Schmerzen bei längerem Sitzen.
Nachteile: Erfordert fachgerechte Einstellung (professionelle Ergonomieberatung kann helfen).
Praktischer Tipp: In den ersten 6–8 Wochen auf eine erhöhte, stabile Sitzfläche mit Armlehnen setzen (ggf. Sitzkissen unterlegen) und regelmäßig aufstehen.
Sitz-Hilfsmittel nach Hüftprothese
- Sitzkissen / Keilkissen: Erhöht Sitzhöhe, reduziert Hüftflexion. Sehr nützlich im Auto oder auf niedrigen Stühlen.
- Armlehnen: Erleichtern den Transfer vom Sitzen zum Stehen.
- Höheneinstellung am Schreibtisch: Ergonomisch so einrichten, dass Unterarm beim Tippen waagerecht ist; Bildschirm auf Augenhöhe.
- Fußstütze: Bei erhöhtem Stuhl kann eine Fußstütze zur Entlastung der Oberschenkel nötig sein.
- Aufstehhilfen: Für ältere oder schwächere Patient:innen sehr empfehlenswert.
Kurzschaftprothese: Warum sie das Sitzen positiv beeinflussen kann
Kurzschaftprothesen (Kurzschaft-TEP) zeichnen sich durch einen kürzeren femoralen Schaft aus und werden oft mit minimal-invasiven Zugängen kombiniert. Vorteile in Bezug auf Funktion und frühe Mobilität:
- Schonenderer Knochen- und Weichteilschutz durch kleineren Schaft und oft kürzeren Zugang; das kann die frühe Beweglichkeit und somit auch den Sitzkomfort verbessern.
- Bessere Kinematik: Manche Studien/klinische Erfahrungen berichten über eine natürlichere Hüftbewegung nach Kurzschaftimplantaten — das kann sich auch beim Sitzen positiv bemerkbar machen.
- Minimal-invasiver Zugang möglich: Weniger Muskelverletzung → schnellere Erholung und raschere Rückkehr zu alltäglichen Aktivitäten wie Sitzen.
Wichtig: Kurzschaftprothesen sind nicht für alle Patient:innen automatisch die beste Wahl. Entscheidungskriterien sind Knochenqualität, Anatomie und individuelle Lebensumstände. Ein erfahrener Hüftspezialist trifft die Auswahl.
Moderne minimal-invasive Techniken: Sitzen ist selten dauerhaft eingeschränkt
Dank moderner OP-Techniken, optimierter Schmerztherapie und Fast-Track-Programmen sind dauerhafte Einschränkungen beim Sitzen heutzutage die Ausnahme. Die meisten Patient:innen berichten, dass nach der initialen Heilphase (6–12 Wochen) das Sitzen keine relevante Einschränkung mehr darstellt. Dieser Fortschritt hängt zusammen mit frühen Mobilisierungsprotokollen und schonenden Zugängen. Mayo Clinic+1
Dennoch gilt: individuelle Begleiterkrankungen (z. B. Adipositas, schwerer Osteoporose, neurologische Probleme) verändern die Prognose — hier ist eine individuelle Beratung wichtig.
Praktische Schritt-für-Schritt-Anleitung: So sitzt und steht man sicher nach Hüft-TEP
- Vorbereiten: Sitz erhöhen (Kissen), stabile Armlehnen, rutschfester Untergrund.
- Hinsetzen: Rücken gerade, operiertes Bein leicht vorstrecken (nicht stark anwinkeln). Setze dich langsam, kontrolliert und dreh dich nicht im Sitzen.
- Aufstehen: Schiebe dich nach vorne an den Stuhlrand, lehne dich mit beiden Händen an die Armlehnen ab, drücke dich hoch — stelle das operierte Bein nicht in ruckartiger Weise nach vorn.
- Kurze Pausen: Vermeide >45–60 Minuten am Stück in den ersten Wochen; steh zwischendurch auf und gehe kurz.
- Auto fahren: In der Regel ab 4–6 Wochen möglich, je nach Schmerzfreiheit und Reaktionsfähigkeit; genaue Freigabe durch den Operateur erforderlich.
Spezielle Situationen: Flugreisen, Autofahren, lange Meetings, Kino
- Flugreisen / lange Sitze in engen Sitzen: Frühestens nach ärztlicher Freigabe und meist erst nach einigen Wochen; lange Sitze fördern Schwellung/Thromboserisiko — Thrombose-Prophylaxe, Kompressionsstrümpfe und regelmäßiges Aufstehen empfohlen. Für Flugreisen raten Kliniken zur individuellen Abklärung.
Autofahren: Meist 4–6 Wochen, abhängig von Reaktionsfähigkeit und Schmerzfreiheit; für Rechtssicherheit bei
Höhenverstellbarer, stabiler Stuhl mit Armlehnen und guter Lendenstütze; ggf. zusätzlich Sitzkissen zur Erhöhung.
Fazit: Sitzen nach Hüftprothese heute oft problemlos
Sitzen nach einer Hüftprothese gehört zu den am schnellsten wiedererlangten Alltagsfunktionen — dank moderner Operationstechniken und Reha-Programmen sind anhaltende Einschränkungen selten. Für eine maßgeschneiderte Entscheidung (z. B. Kurzschaftprothese, OP-Zugang, berufliche Rückkehr) lohnt sich eine fachärztliche Beratung.
Wenn Sie eine individuelle Beurteilung möchten: Vereinbaren Sie gern eine Sprechstunde beim Endoprotheticum Rhein-Main unter Leitung von Prof. Dr. Karl Philipp Kutzner — dort erhalten Sie eine persönliche Analyse, OP-Empfehlungen und einen individuellen Reha-Plan. (www.endoprotheticum.de)
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